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MEDICUS
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Apotheken.
Typ-2 Diabetes ist eine der meist verbreiteten Volkskrankhei-
ten schlechthin; etwa 7 Mio. Menschen hierzulande leiden an
Diabetes, bei weiteren 4 Mio. Menschen, so Schätzungen der
Experten, ist die Krankheit (noch) nicht erkannt. Der Anteil
des Typ-2 Diabetes, bei welchem sich erst über Jahre eine In-
sulinresistenz entwickelt, im Gegensatz zu der angeborenen
Diabetes Typ-1 Erkrankung, beträgt dabei über 90%. Zudem
wird davon ausgegangen, dass hierzulande etwa 11 Mio.
Menschen von dem Vorstadium des Typ-2 Diabetes, dem so-
genannten Prädiabetes, betroffen sind.
Aufgrund des Bewegungsmangels sowie Übergewichts wird
die Diagnose immer häufiger auch bei jüngeren Menschen
gestellt. Die Folgekosten der Krankheit sind enorm, denn
der hohe Blutzucker kann Organprobleme verursachen, zu
Herzinfarkt oder Schlaganfall führen etc. Dabei lässt sich der
Verlauf der Krankheit relativ
leicht positiv beeinflussen,
und auch die Entwicklung der
Krankheit an sich kann mit
entsprechenden präventiven
Maßnahmen verhindert be-
ziehungsweise hinausgezö-
gert werden.
Einen entsprechenden Nut-
zennachweis erbrachte zu-
letzt das Projekt GLICEMIA.
Bei diesem, von Apothekern
betreuten Präventionsprogramm gelang es, das Diabetes-
risiko der teilnehmenden Apothekenkunden signifikant zu
reduzieren sowie deren Lebensqualität zu verbessern (Ge-
wichtsverlust, mehr Bewegung, gesündere Ernährung). Die
Studienteilnehmer wurden dabei ein Jahr lang regelmäßig
von den jeweiligen Apotheken betreut – das Programm sah
drei individuelle Beratungsgespräche und fünf Gruppenschu-
lungen vor, in welchen entsprechendes Hintergrundwissen
über die Krankheit und deren Risikofaktoren vermittelt wur-
den. Zudem vereinbarten die Studienteilnehmer konkrete
Ziele und Maßnahmen, die dann in einem Präventionspass
festgehalten und als Orientierung für die Beratungsgesprä-
che dienten.
Insgesamt nahmen über 40 Apotheken in Bayern bezie-
hungsweise mehr als 1.000 Probanden an der Studie teil. Die
wissenschaftliche Begleitung und Evaluierung erfolgte durch
das WIPIG in Kooperation mit der Friedrich-Alexander-Uni-
versität Erlangen-Nürnberg, die auch das eigens für das Pro-
gramm entwickelte Begleit- und Informationsmaterial sowie
die Handlungsempfehlungen und Fortbildungen für die Apo-
theken zur Verfügung stellt. In eine ähnliche Richtung zielte
übrigens ein 2014 von der Techniker Krankenkasse und dem
Deutschen Apothekerverband (DAV) initiiertes Projekt: Hier-
bei hatten Patienten mit Typ-2-Diabetes Anspruch auf zwei
ausführliche, von der Kasse vergütete Arzneimittelberatun-
gen durch den Apotheker.
Das GLICEMIA Projekt erhielt 2015 den Gesundheitspreis der
Stiftung „Rufzeichen Gesundheit“ und die verantwortenden
Forschungseinrichtungen wur-
den mit dem Deutschen Apo-
theken-Award in der Katego-
rie „Gesunde Lebensführung
– Prävention“ ausgezeichnet.
Das erfolgreiche Projekt liefert
einen wichtigen Beitrag zur
Stärkung der Rolle des Apo-
thekers als Ansprechpartner
bei Prävention und Gesund-
heit – neben seiner Aufgabe
der Arzneimitteldistribution
– und zeigt, dass der Apotheker maßgeblich zur Prävention
dieser Volkskrankheit beitragen und damit auch das Sozial-
system entlasten kann. Es wundert daher, dass es noch immer
keine flächendeckenden Programme in diese Richtung gibt.
Enttäuschungen brachte in diesem Zusammenhang auch das
im Sommer 2015 verabschiedete Präventionsgesetz mit sich.
Die Apotheker wurden im Gesetz – trotz entsprechender Be-
mühungen im Vorfeld – nicht berücksichtigt, obwohl sie doch
unter anderem bei Impfstatus und Früherkennung (eben bei-
spielsweise von Diabetes) für präventive Maßnahmen ent-
sprechend qualifiziert sind und im Rahmen oben genannter
Studien bereits Nutzennachweise erbracht hatten.
Erfolgreiche Diabetes-Prävention von Apothekern!
Bereits seit Langem fordern Apotheker eine aktivere Rolle im Gesundheitssystem. Wie eine aktuelle Studie des Wis-
senschaftlichen Instituts für Prävention im Gesundheitswesen (WIPIG) anhand des Krankheitsbildes Diabetes zeigt,
sind Apotheker nicht nur seitens der Bevölkerung gut akzeptierte Partner in Sachen Prävention, sondern schaffen
es auch, gefährdete Menschen tatsächlich zu einer Veränderung ihres Lebensstils zu bewegen.